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Ausgezeichnet…

4. Juni 2014

Die freie Journalistin Sibylle Hamann wurde mit dem Kurt-Vorhofer-Preis, einem der wichtigen Journalistenpreise, ausgezeichnet, hieß es am 22.5. 2014 in der Presse.

In diesem Zusammenhang sei an Hamanns Trottoir-Manifest erinnert, veröffentlicht in der Tageszeitung „Die Presse“ vor 4 Jahren:

1. Mehr Platz! Ein Bürgersteig muss so breit sein, dass zwei Bürger einander auch noch mit aufgespannten Regenschirmen und Zwillingskinderwägen überholen können. Zumindest muss er breiter sein als die Parkspur daneben. Sonst muss diese weg.

2. Ein Recht auf Zwischenräume! Schräg nebeneinander parkende Autos drängen ihre Nasen forsch in fremdes Territorium, bilden undurchdringliche Barrieren und verlangen Fußgängern demütigende Vorbeiquetschmanöver ab. Also weg mit den Schrägparkplätzen! Wer Auto fahren will, soll einparken lernen.

3. Weg mit dem Zeug! Alles, was der Autoverkehr zu seiner Regelung braucht, geht Fußgänger eigentlich nichts an. Verkehrsschilder, Parkuhren, Poller gehören daher runter auf die Fahrbahn. Dasselbe gilt für Fahrräder, samt Radwegen und Radabstellbügeln. Weil Fahrräder Fahrzeuge sind.

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Auch dieser Schilderwald hat seine Wurzeln auf dem Trottoir!
Wien 1., Opernring, gegenüber der Staatsoper
Foto: R. C.

4. Rauf mit dem Niveau! Trottoirs und Fahrbahnen sind verschieden hoch. Wo die Wege von Fahrzeug und Fuß einander kreuzen, muss also eines von beiden die Etage wechseln. Warum ist das eigentlich immer der Fuß? Die Bordsteinkante hinunterzusteigen bedeutet: Man wechselt in Feindesland, wird zum Störfaktor, muss sich anpassen, ausweichen. Es geht auch umgekehrt: Das Trottoir wird als durchgängiges Normalniveau definiert. Das Fahrzeug, das queren will, muss zu uns heraufkommen und aufpassen, dass es uns nicht stört.

5. Ein Recht auf Unaufmerksamkeit! Wer auf einem Gehsteig geht, soll Gedanken nachhängen, in die Luft schauen, sich abrupt bewegen dürfen. Unberechenbarkeit ist das Privileg des Fußgängers. Dass ihm neuerdings permanente Wachsamkeit abverlangt wird, weil er stets damit rechnen muss, dass sich im Erdgeschoß plötzlich eine Garagentür öffnet und ein Auto herausschiebt, ist unzumutbar.

Zu Fuß gehen ist die normalste, demokratischste, gesündeste und sozial verträglichste Art der Fortbewegung. Nur wer zu Fuß geht, kann schlendern, verweilen, jemanden treffen und reden. Zu Fuß gehen erzeugt Öffentlichkeit und Urbanität. Zu Fuß gehen ist eine kulturelle Errungenschaft. Wir sollten sie hochhalten.

Quelle: meinung@diepresse.com
(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 24.03.2010)

PS: Es gibt also, nach Hamann, durchaus einfache, aber anscheinend ungleich schwerer zu lösende Probleme, den Fußgeherverkehr betreffend, als „Highways“ für Fußgeher, Fußgeher-Achsen durch die Bezirke, Errichtung von Fußgeherzonen (um viel Geld) etc…, meine ich.
H. D.